Die Gründungsphase

 Auszug aus der handgeschriebenen Chronik von 1867

"Im Sommer des Jahres 1867 war ein Buchbindergeselle hier in Arbeit, der schon längere Zeit dem katholischen Gesellenverein angehörte. Dieser Buchbindergeselle ermunterte hiesige Gesellen, sie sollten das Zustandekommen eines katholischen Gesellenvereins in hiesiger Stadt betreiben. Die Suche fand bald Anklang, und dreißig Gesellen ersuchten den Hochwürdigen Herrn Stadtpfarrer Aulinger um die Erlaubnis, einen katholischen Gesellenverein bilden zu dürfen. Mit größter Freude gab dieser seine Zustimmung und schlug vor, den dermaligen Stadtkaplan Gottfried Wallner zu ersuchen, die Präsesstelle zu übernehmen, was auch bald geschah."

So beginnt die Chronik des Katholischen Gesellenvereins Höchstädt. Die Gründung unseres Katholischen Gesellenvereins war die erste nach dem Tode Adolph Kolpings in der Diözese Augsburg. Am 7. Juni 1867 war die erste Versammlung im Gasthof "Zum Greifen", bei der Bäckermeister Miller zum Vorstand, der Schreinergeselle Joseph Veh zum Obmann, der Webergeselle Michael Kopfmiller zum 1. Ordner, der Kaufmann Joseph Unger zum 2. Ordner und der Schuhmachergeselle Wilhelm Schön zum 3. Ordner gewählt wurden.

Gasthof Greifen - erstes Vereinslokal

Als Bäckermeister Miller, seines Geschäftes wegen, kurz darauf seine Stelle niederlegte, übernahm Schreinermeister Michael Binswanger die Vorstandschaft, die er bis 1898, also 31 Jahre innehatte. Im ersten Jahr zählte der Verein 63 Mitglieder, die sich im Laufe der Zeit auf ca. 40 einpendelten und 37 Ehrenmitglieder, die ihn - wie der Chronist schreibt - "durch milde Beiträge" unterstützen. Während der Wintermonate wurde jeweils am Montag Unterricht in Geographie, in schriftlichen Aufsätzen und im Gesang erteilt. Der Christbaum am Stephanstag und das Fest des heiligen Josef wurden im größeren Rahmen gefeiert.

Am 21. Juni 1868 feierte man das erste Gründungsfest, das zu einem wahren Volksfest wurde. Die Anschaffung einer Fahne wurde dabei angeregt. Bis zum 31. August 1808 betrug die Sammlung bei den Frauen und Jungfrauen hiesiger Stadt bereits 66 Gulden. Anfangs September 1868 wurde Präses Wallner versetzt, an seine Stelle trat Stadtpfarrer Otto Schwarz.

Am 10. Juni 1869 kam dann der Tag der Fahnenweihe, wobei viele vornehme Gäste anwesend waren. Dabei waren auch die Vereine von Dillingen und Lauingen.

Renovierte Standarte - Aufnahme 1992

Bereits am 29. August 1869 ging die neue Fahne nach außen zum Stiftungsfest des Brudervereins in Donauwörth. Stadtkaplan Karl Peterzelka übernahm dann Ende Oktober 1870 als Präses die Leitung des Vereins. Er schreibt: "Man kann den Gesellen Religion und Sittlichkeit nicht eintrichtern auf der Bierbank, nachdem sie, wie ich aus Erfahrung weiß, den Predigtbesuch vernachlässigen. Ich versuche daher bildend und veredelnd auf sie einzuwirken."

1870 - Erste Theateraufführungen

Er erweiterte die wöchentlichen Unterrichtsstunden um Stenographie, Buchhaltung und das neue metrische Maß- und Gewichtssystem. Außerdem übten sich die Gesellen in der Deklamation, im Gesänge und Theaterspiel, was enormen Anklang fand. So wurden laut Kassenbuch am 11.12.1870 zum ersten Mal 39 Kreuzer für entlehnte Kostüme aus der Maskengarderobe in Dillingen für Theater beim Christbaumfest ausgegeben. Soweit geht also die Theatertradition der Kolpingsfamilie Höchstädt zurück!

Originalauszug aus der Chronik von 1870-73 v. Präses Peterzelka

Im August 1872 gründete Präses Peterzelka eine Gesellensparkasse, in welcher jeder Geselle nach Belieben einlegen konnte. Sie hatte bis 1934 Bestand.

Der vierte Präses, Stadtkaplan Franz Xaver Müller, nahm anfangs Oktober 1873 seine Vereinstätigkeit auf. Zur Christbaumfeier 1873 wurde das erste Theaterstück namentlich erwähnt; es war der Schwank "Der politische Schuster". Auch gab es weiterhin an den Montagabenden Unterricht in Stenographie, Gesundheitslehre und Musik.

Am 4. Oktober 1874, dem Namenstagsfest des Präses, wurde das Drama "Reue und Versöhnung" von Fr. Weisenthurn aufgeführt. Der Ertrag von 47 Gulden und 18 Kreuzer war für die Klosterfrauen, die ans Krankenhaus kommen sollten, bestimmt. Am 4. Dezember 1874 wurde der neue Vereinspokal, gestiftet von Josef Schmid und Carl Mengele, mit einem "brausenden dreifach Hoch" eingeweiht. Dieser Pokal exisitiert heute noch.

Das Willkommensfest für den neuen und alten Präses, Stadtpfarrer Karl Peterzelka, wurde am 25.1.1877 mit der Aufführung des Dramas "Das Majorat" gefeiert. Der Ertrag wurde diesmal zur Errichtung eines Veteranen-Denkmals zurückgelegt. Präses Peterzelka wirkte bis 1902, also über 25 Jahre, aufopfernd und segensreich für den Katholischen Gesellenverein. Es wurde jeweils zur Fastnacht, am St. Josefs-Tag, dem Namensfest des Präses und am Stephanstag Theater gespielt. Bei einer besonders gelungenen Veranstaltung am Josefstag 1882 stiftete der Präses für die Darsteller 1 Faß Bier mit dreißig Litern für 6 Mark. 1883 wurden die ersten Vereinsabzeichen für 35 Pfennig pro Stück angeschafft, die reißend Absatz fanden.

1885 fertigten der Maler Schreiner, der Schlosser Übelherr und der Schreiner Binswanger neue Theaterkulissen für 195,26 Mark an. 1888 im Dezember wurden 34 photographische Bilder zu 50 Pfennig für die Theaterspieler gemacht. 1891 sind bei der Elberfeider Mobiliar-Feuerversicherung die Theaterkulissen für eine Jahresprämie von 2,40 Mark versichert worden.

1892 feierte man das 25jährige Gründungsfest mit Gottesdienst, Festzug, Festabend und Unterhaltungsmusik der Kapelle Zisch.

1898 wurden am Josefstag sechs Gesellen aus Wertingen in den Höchstädter Gesellenverein aufgenommen. 1898 trat Schreinermeister Michael Binswanger als Vorstand zurück. Für ihn wurde Carl Steidle und 1899 Rupert Klopfer gewählt, dem 1902 der Wagnermeister Sebastian Wieser folgte.

Im September 1902 ging Präses Karl Peterzelka aus gesundheitlichen Gründen in den Ruhestand. Er wurde für seine großen Verdienste um den Gesellenverein zum Ehrenpräses ernannt. Ihm folgte kurzfristig bis Januar 1903 Benefiziumsvikar Johann Fille, darauf Benefiziat Augustin Müller bis April 1904, dann kehrte Johann Fille als Stadtpfarrer und Präses wieder zurück. Er wirkte über 28 Jahre bis 1932. Mit ihm wurde am 12. Mai 1904 Schmiedemeister Jakob Kehrle zum Vorstand gewählt, der dieses Amt 26 Jahre innehatte. Unter Präses Fille wuchs der Mitgliederstand stark an, so daß er im Januar 1905 bereits 47 aktive und 131 Ehrenmitglieder zählte.

Am 19. März 1906 führte der Verein das von Heinrich Houben nach der gleichnamigen Weber'schen Oper für die Laienbühne bearbeitete romantische Schauspiel „Der Freischütz“ auf, das, so schreibt die Höchstädter Zeitung, „alles bisher auf der hiesigen Dilettantenbühne Aufgeführte weit übertroffen hat.“ Als Darsteller verdienten ganz besonderes Lob Fräulein Babette Bartlmä und die Herren Anton Fingerle und Joseph Rieg.

Theateranzeige aus der Höchstädter Zeitung vom 19.03.1906

Das 40. Stiftungsfest wurde am 19. März 1907 vormittags mit eine kirchlichen Feier und Generalkommunion begangen; abends fand eine gesellige Unterhaltung mit theatralischen, musikalischen und deklamatorischen Aufführungen statt.

Zeitungsausschnitt vom 23.03.1907 aus der Höchstädter Zeitung

Am 11. März 1911 beteiligte sich der katholische Gesellenverein an der Festfeier anläßlich des 90. Geburtstags Seiner Königlichen Hoheit, des Prinzregenten Luitpold.

Durch den Ausbruch des ersten Weltkrieges beschränkte sich die Tätigkeit des Vereins auf monatliche Zusammenkünfte und die Unterstützung der Kameraden im Felde.